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Thema: Intelligente Dissidenz in China vom 04.04.2009

Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen MGi Foren-Übersicht -> Off Topic - Diskussionsrunde -> Intelligente Dissidenz in China
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radschlaeger
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Dabei seit: 10.12.2004
Ort: Neuss
Alter: 57
Geschlecht: Männlich
Verfasst Sa 04.04.2009 18:21
Titel

Intelligente Dissidenz in China

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Zitat:
Mit einem Youtube-Video verhöhnen chinesische Aktivisten die Internetzensoren des Landes. Das Lied über die Gras-Matsch-Pferde ist so intelligent getextet, dass es von Chinas Behörden lange Zeit unentdeckt blieb.

Das dazugehörige Video! Grins

Es ist zottelig, hat einen langen Hals, ist fröhlich und intelligent: Das sogenannte Gras-Matsch-Pferd lebt auf einer grünen Wiese und hopst ziemlich bescheuert durch die Gegend. Der Blick des lamaartigen Tieres ist etwas irr, die Zähne sind gelb, fast etwas monsterhaft sieht das Viech aus, das seinen Kopf in dem Youtube-Video die ganze Zeit schüttelt, als mache es Werbung für ein Haarshampoo.

Doch auch wenn die fernöstliche Musik dazu sehr fröhlich klingt, die Botschaft des Gras-Matsch-Pferdes ist eine ernste: Das fiktive Tier ist eine Ikone des Protests. Gegen die Internetzensur in China. Das Pferdchen, das so unschuldig aussieht, heißt im Original Cao Ni Ma - was man mit Gras-Matsch-Pferd übersetzen könnte. Allerdings klingt der Name, wenn man ihn ausspricht, so ähnlich wie eine böse und ziemlich obszöne Beschimpfung: Diese fordert zum Geschlechtsakt mit der eigenen Mutter auf.

Zahlreiche Videos, Gedichte und Kinderlieder über das Gras-Matsch-Pferd aus China kursieren im Internet. Das mutierte Lama muss regelmäßig gegen die gemeinen Flusskrebse kämpfen, die auf Mandarin ausgesprochen so ähnlich klingen wie "Zensur". Diese Krebse wollen nämlich unbedingt etwas von dem Grasland (klingt wie "Meinungsfreiheit") der Pferde abzwacken. Doch die lassen sich das nicht gefallen, schließlich sind sie laut Kinderlied "mutig, hartnäckig und überwinden schwierige Umstände".

Gut 250 Millionen Chinesen surfen, chatten und bloggen im Web, was der Staat so gut wie möglich zu kontrollieren versucht. Im Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Freigeistern in den Internetcafés und den chinesischen Behörden ist das Gras-Matsch-Pferd der jüngste kreative Auswuchs. Wochenlang führte das Tier die chinesischen Behörden an der Nase herum. Diese nämlich versuchen vor allem, mit speziellen Suchmaschinen politische Negativschlagzeilen und sexuell Anrüchiges aus dem Netz aufzuspüren und zu verbannen; dabei sind sie darauf angewiesen, dass ihre Spürhundprogramme die einschlägigen Schriftzeichen auf den Websites entdecken. Die intelligenten Wortwitze aus dem Gras-Matsch-Pferde-Lied gingen lange an den strengen Zensoren vorbei.

Sich mit einer Aneinanderreihung von Schimpfwörtern gegen die Obrigkeit zu wehren mag zunächst als etwas pubertäre Form des Protests anmuten, doch gerade seriöse Zeitgenossen sind von dem puscheligen Pony mit den schlechten Zähnen völlig hingerissen: "Das Gras-Matsch-Pferd ist zu einer Ikone des Widerstands gegen die Zensur geworden", sagt Xiao Qiang, Journalistikdozent an der kalifornischen Universität von Berkeley. Und auch die bekannte Literaturkritikerin Cui Weiping von der Pekinger Filmakademie ist voll des Lobes für diesen kleinen Streich mit großer Wirkung. "Wenn wir künftig nicht in einer Nation von Kopisten leben wollen, brauchen wir junge Leute, die in einer freien, entspannten und respektvollen Umgebung leben."

Seit Anfang Januar schon treiben sich die Gras-Matsch-Pferde im Internet herum. Vergangene Woche wurden die chinesischen Behörden offenbar doch darauf aufmerksam. Grund dafür war offensichtlich ein Artikel über die hopsenden Tierchen in der "New York Times". Nun berichten erste Blogger, dass man die Internetvideos von China aus nicht mehr öffnen könne.

Doch der Hype geht noch ungebremst weiter, und findige Händler wittern bereits die Chance auf ein lukratives Geschäft: Einige Web-Unternehmer verkaufen schon plüschig-weiße Gras-Matsch-Pferd-Kuscheltiere auf ihren Websites.


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