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Nimroy
Community Manager Threadersteller
Dabei seit: 26.05.2004
Ort: zwischen Köln und D'dorf
Alter: 46
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 11:35
Titel Wat is denn ‘ne Online-Druckerei? |
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Wenn es husch husch gehen muss, es mal wieder nichts kosten darf und die Auflage in den Kofferraum eines Fiat Punto 1992er Baujahres passen muss, dann ist man immer schnell bei der Hand mit den sog. Online-Druckereien. Aber was machen die eigentlich so anders? Und was zur Hölle ist das eigentlich?
Schon der Begriff „Online-Druckerei“ ist eigentlich falsch. Eigentlich. Aber er hat sich halt so eingebürgert. Online-Druckerei würde ja bedeuten, dass die Druckerei Online ist, also an irgendeinem Netz angeschlossen ist. Stromnetz? Check. Telefonnetz? Wahrscheinlich auch. Straßennetz? Hoffentlich usw. usw. Gemeint ist im Kontext von Online ja in der Regel das Internet. Also sind diese Druckereien ans Internet angeschlossen und deswegen Online-Druckereien? Dann dürfte das auf so ziemlich jede Druckerei in der Republik zutreffen. Also kann das das Alleinstellungsmerkmal nicht sein.
Dann sind bei Online-Druckereien die Maschinen direkt ans Internet angebunden und ich als Kunde kann Online darauf zugreifen? Und deswegen sind die so günstig! Würde das wirklich Sinn machen? Stellst du dir das wirklich vor? Was würde denn passieren deiner Meinung nach, wenn mal Papierstau herrscht? Wie würde dein Druck denn abgerechnet werden? Und wo finde ich den Drucker-Treiber und die Dinger in mein System zu integrieren? Klingt unwahrscheinlich? Ist es auch!
Online-Druckereien sind mehr oder minder ganz normale Druckereien. Mit ner großen Halle, einem beachtlichen Maschinenpark, einem Papierlager, ner Versandabteilung etc. Da ist nix virtuell. Die haben einen Mitarbeiter- und Kundenparkplatz und möglicherweise ne dralle Blondine, die letztens auf der Weihnachtsfeier mit dem Chef der Buchhaltung abgestürzt ist. Keine Roboter, keine Cyberbrillen oder sonst irgendwas in die Richtung. Das einzige, was diese Form der Druckereien von anderen unterscheidet ist das Geschäftsmodell. Das lautet nämlich „Standards im Zusammendruck“.
Und genau dieses Geschäftsmodell macht sie bei so vielen Drucksachen so günstig. Statt 50 Papiersorten legen die sich nur 5 ins Lager, statt irgendwelcher Sonderformate werden nur Standard-Formate gedruckt. Da wird auch nicht alle Nase lang ein Farbwerk umgewaschen, damit der Kunde sein Spezial-Magenta fürs Logo bekommt. Das macht nämlich die Kalkulation kaputt und damit den Preisvorteil. Sich auf Standards zu spezialisieren heißt Fehlerquellen zu minimieren durch Routine. Da weiß jeder Drucker, wie lange das Papier an die Luft muss bei welcher Luftfeuchtigkeit um Stopper durch elektrostatische Aufladung zu vermeiden. Und keine Stopper heißt höhere Fortdruckgeschwindigkeiten heißt mehr Output pro Maschine und Schicht. Denn nur wenn eine Maschine läuft, kann ich damit Geld verdienen. Kein Stillstand heißt also ebenfalls Preisvorteil.
Weil nur 5 Papiersorten auf Lager liegen, davon aber gleich mehrere Tonnen, kann man im Großhandel günstiger Einkaufen. Das schafft Preisvorteile. Und wenn ich mich auf bewährte Standards bei den Endformaten spezialisiere, dann kann ich auch gleich mein Rohbogenformat auf minimalen Verschnitt optimieren. Statt 3 cm breite Streifen plötzlich nur noch 1 cm breite absaugen zu müssen, ermöglicht es, weniger Müll zu produzieren, eine schwächere Absauganlage nutzen zu könne etc. Das senkt meine Betriebskosten, was wiederum Preisvorteile schafft. Optimale Bogenausnutzung ist das nächste Zauberwort. Füllt Kunde A nicht den gesamten Bogen aus, dann kommt eben noch was vom Kunden B mit drauf. Daraus resultieren dann zwar mögliche Farbabweichungen, weil ich den Bogen vom Sujet nicht optimal aussteuern kann, aber dafür kriegen beide Kunde ja auch ihren Preisvorteil. Und weil sich der Kunde sein eigenes Angebot auch noch selber auf einer Website zusammenstellen kann und selber den Auftrag schreibt und da am Ende direkt das Job-Ticket für den elektronischen Workflow rauskommt, hab ich weniger Aufwand in der Sachbearbeitung. Weniger Personal- und Verwaltungskosten. Wieder ein Preisvorteil.
Wenn ihr also mal wieder einen Druckjob zu vergeben habt, dann überlegt euch, wie viele Extra-Würste ihr wollt. Alles, was ihr nicht im Online-Kalkulator findet, fehlt, weil es kein Standard ist. Und kein Standard zu sein, kostet extra. Ein Sachbearbeiter muss eure Mail lesen, verstehen und beantworten, ich muss plötzlich doch noch eine neue Papiersorte kaufen, ich kann den Bogen nicht zwingend optimal ausnutzen, ich muss die Maschine auf andere Parameter rüsten und und und. Überlegt euch also, ob es nicht sowieso für den super wichtigen Job für den super wichtigen Kunden nicht von vornherein viel einfacher und sicherer ist, sich den Drucker um die Ecke auszugucken, persönlich bei der Druckabnahme anwesend sein zu können und dem Menschen, den ihr diesen Job anvertraut über die Schulter schauen zu können. Auch wenn das im ersten Moment vielleicht 1,50 € mehr kostet.
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ghostface
Dabei seit: 02.07.2008
Ort: -
Alter: 113
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 12:03
Titel
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Sehr gut, danke
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Achim M.
Dabei seit: 17.03.2003
Ort: -
Alter: -
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 12:06
Titel
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Vielen Dank für diesen super Beitrag. Mach doch bitte eine FAQ daraus, damit man immer wieder darauf verlinken kann.
Ich glaube der Begriff "Druckerei vor Ort" ist für viele sehr missverständlich. Akzidenzdruckerei oder klassische Druckerei wäre vielleicht besser. Denn eine Druckerei mit individuellem Druck und Beratung muss ja nicht unbedingt fussläufig zu erreichen sein. Auch hier kann ja der Kontakt ausschließlich per E-Mail erfolgen. Der Unterschied zur Onlinedruckerei ist eben das nicht durchgängig standardisierte Verfahren.
Bei Aldi kriege ich eine fertigabgepackte Lage Schinkenwurstscheiben. Beim Metzger kann ich mir aus einer Auswahl von Schinkenwurst auch einzelne Scheiben geben lassen. Meine Tochter kriegt dann auch noch eine Scheibe auf die Hand und man spricht mich mit Namen an. Das manche Leute nicht verstehen wollen, warum bei Aldi Schinkenwurst billiger ist, ist für mich schleierhaft. Aber die gleichen Leute halten "Druckereien vor Ort" wahrscheinlich auch für geldgierig.
Gruß
Achim
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id82
Dabei seit: 13.02.2008
Ort: Stuttgart
Alter: 41
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 14:34
Titel
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Sehr schöner und ausführlicher Beitrag.
Vielen Dank.
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Beluga
Dabei seit: 26.03.2008
Ort: in der Druckerei
Alter: 45
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 15:01
Titel
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Die dralle Blondiene fehlt bei uns in der "Druckerei vor Ort" aber.... gehört die normalerweise zur Standartausstattung?
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Smooth-Graphics
Dabei seit: 22.05.2006
Ort: -
Alter: -
Geschlecht:
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Nimroy
Community Manager Threadersteller
Dabei seit: 26.05.2004
Ort: zwischen Köln und D'dorf
Alter: 46
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 15:38
Titel
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Smooth-Graphics hat geschrieben: | http://www.mediengestalter.info/forum/58/faq-online-druckerei-druckerei-vor-ort-127458-1.html#1971324 |
Oh, dat war früh heute morgen! Hätte ich mir ja denken können, dass das in druck-Produktion liegt!
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Smooth-Graphics
Dabei seit: 22.05.2006
Ort: -
Alter: -
Geschlecht:
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Verfasst Di 22.12.2009 15:49
Titel
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Macht ja nichts, ich finde deinen Post eine gute Ergänzung.
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