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Bastiwelt · **Verfasst** Fr 16.06.2006 11:40 **Titel**

1:0 gegen Polen

Was war das für eine Nacht.

Nach Confed Cup und 34 Bundesligaspieltagen war das für mich das spannendste Spiel, dass ich im gesamten letzten Jahr gesehen habe. Und das (fast) ohne Tore.

93 Minuten lang sahen wir eine polnische Mannschaft, die dank einer unglaublich starken Defensive wie ausgewechselt wirkte. 93 Minuten sahen wir ein deutsches Team, dass motiviert und klug zu Werke ging. Aber wir sahen auch 93 Minuten vergebene Chancen, teils zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen und Kampf. Aber alles zusammen ein Vorrundenspiel, dass kaum mehr Dramatik hätte enthalten können.

Zu den Spielern:
Michael Ballack an sich eine Steigerung zu Borowski im ersten Spiel, aber -bis auf seinen Lattenschuß in der 90. Minute- immer noch nicht der gewohnte Gefahrenherd.
Arne Friedrich sollte sich langsam an den Gedanken gewöhnen, einer Alternative wie dem sehr starken Schneider zum Opfer zu fallen. Besser wäre es, denn mit der Anzahl seiner Fehlpässe, dem halbherzigen Zweikampfverhalten und schlechten Bewegungspensum hätte man wieder einmal -jedenfalls statistisch- ein österreichisches Amateurliga-Spiel nachstellen können.
Damit niemand denkt, ich hacke immer auf demselben rum ... was war denn mit Schweini? Endlich ist er wieder in der Form, wie ich ihn bei Bayern mag: Unkreativ, langsam, einfach schwach. Nein, ich bin kein Schweinsteigerfan. Ich hab ihm beim ersten Spiel zurecht gelobt, jetzt darf ich zurecht sagen: Das war nix! Selbiges gilt für seinen Busenfreund Poldi. Der gute konnte sich wohl kaum entscheiden, für welches seiner Heimatländer er nun spielt. Schade. Auch er könnte in dieser Form (wie schon gegen CRC) die Fußballschuhe gegen ein Sitzkissen tauschen. Oliver Neuville wirds freuen.

Womit wir bei den Jokern wären: Neuville und Odonkor. Ich gehöre nicht zu den "Hab ich es euch nicht gesagt"-Menschen, aber was Odonkor im ersten Spiel aufblitzen ließ hat er vorgestern in 27 Minuten bewiesen. Schnell, gefährlich, frisch. Seine Aktionen auf der rechten Seite wirkten wie ein Blitzschlag - elektrisierend für die Deutschen, tödlich für die Polen. Neuville als immer bereite und lauffreudige Anspielstation war die perfekte Ergänzung zu ihm.

Klinsmann beweist Glück und/oder Geschick bei den Einwechslungen und holt so nach 91 Minuten das verdiente Tor, dass die deutschen Fans überall in orgasmischen Jubel ausbrechen ließ. Wenn Bruno der Bär nicht schon über die Grenze geflüchtet ist, in diesem Moment wird er reißaus angesichts des Lärms aus allen Kehlen Deutschlands genommen haben.

Ein kleiner Wehrmutstropfen: Mein Schützling Lehmann wirkte im einstigen Heimatstadion (oh, an dieser Stelle: eine Waaaahnsinnskulisse im Signal Iduna Park - danke Dortmunder!) nicht nur angespannt, sondern geradezu nervös und unsicher. Trotz seines abermals guten Mitspiels konnte er seine eigentliche Stärke, die Strafraumkontrolle, nicht beweisen. Wirkte bei einer Hereingabe äußerst unglücklich.

Beste Spieler:
Metzelder, Mertesacker, Lahm - der erste, weil er wieder auf dem Weg zum Abwehrchef ist, der zweite wegen seines starken Zweikampverhaltens, der dritte als stabilster deutscher Spieler für eine Lauffreude und Gefährlichkeit
Schneider, weil er das deutsche Spiel belebte, die Seiten wechselte und zur uneinschätzbaren Gefahr avancierte
Klose, weil er zwar glücklos war, aber immer zur Stelle
Odonkor und Neuville, weil sie dem Spiel Feuer, Leidenschaft und ein Tor geschenkt haben.