[Viadrina]

Hallo erst einmal an alle (ist mein erstes Posting hier).

Ich habe eine rechtliche Frage, die ich hier in der Form noch nicht gefunden habe (sollte das an mir liegen, weist mich bitte drauf hin). Die meisten - ähnlichen - Fragen drehen sich um Online-Produkte, wobei es bei mir um ein Printprodukt geht.

Ich habe Ende letzten Jahres mit meiner Firma ein Magazin für einen europäischen Lobbyverband erstellt. Da das Magazin vierteljährlich erscheint und ich auf Folgeaufträge gehofft habe, habe ich das Ganze sehr günstig angeboten und auch sehr viel Service geboten (teilweise die Texte noch redigiert, die vor Rechtschreibfehlern strotzten etc.).

Zuvor war das Magazin durch eine griechische Firma erstellt worden. Da mir der Verband keine Auskunft geben konnte, wer die Rechte am Layout besitzt, habe ich mich geweigert das alte Layout der vorhergehenden Ausgaben zu übernehmen (gefiel mir eh nicht wirklich; jede Seite war mit 'ner anderen Farbe unterlegt - sah etwas nach Kindergeburtstag aus), um nicht ggf. wegen Urheberrechtsverletzungen belangt werden zu können, falls die griech. Firma sauer ist, weil sie einen langjährigen Kunden verloren hat.

Gesagt getan: Ich habe ein komplett neues, komplett anderes Layout entwickelt. Den Zeitaufwand (ich denke, dass wir allein auf die Grundkonzeption (grafische Gestaltung, aber auch Anordnung der thematischen Inhalte, Formalia etc. 10-15 Stunden gebraucht haben). Finanziell eigentlich kaum gedeckt, aber es sollte halt ordentlich werden (wg. möglicher Folgeaufträge).

Das Magazin kam sehr gut an. Meine Rechnung wurde aber leider nicht bezahlt. Ich habe die Vorsitzende des Verbandes im Februar (die Lieferung erfolgte Anfang Dezember) zur Rede gestellt. Sie antwortete mir, dass sie erst bezahlen werden, wenn sie sämtliche Arbeitsdateien bekommen hat - man wolle schließlich Inhalte des Magazins auf die Website stellen. Ich habe ihr mitgeteilt, dass unsere Firma - wenn nicht explizit im Vorfeld vereinbart - keine Arbeitsdateien herausgibt und dies auch nicht Bestandteil der Vereinbarung im Vorfeld war. Ich habe dem Kunden - um guten Willen zu zeigen - eine pdf-Datei zugeschickt. Dabei habe ich aber explizit darauf hingewiesen, dass wir als Firma - was auch im Impressum des Magazins steht und vom Kunden vor Drucklegung so bewilligt wurde - das "Copyright of Layout and Graphic Artwork" (war eine englischsprachige Broschüre) besitzen und Vervielfältigungen oder Abwandlungen unserer Zustimmung bedürfen. So bekam ich immerhin unser Geld (wenn auch ohne Mahngebühren).

Nun erfuhr ich, dass letzte Woche die nachfolgende Ausgabe des Magazins in dem Verband präsentiert wurde. Eine Firma in Spanien hat es gemacht und wie ich hörte rühmte sich die Vorsitzende unseres Kunden auf einer Sitzung am Wochenende, dass es viel günstiger gewesen sei, da die Spanier viel weniger Arbeitszeit berechnet hätten. Man ahnt es schon: Sie haben unser Layout mehr oder weniger 1:1 übernommen.

Welche Möglichkeiten hat unsere Firma. Die Inhalte sind natürlich andere und die Farben weichen teilweise minimal ab (wobei das evtl. sogar nur durch den Druck kommen kann). Ich habe mit meinem Anwalt gesprochen und der will sich schlau machen, aber ist in Medienrecht nur bedingt bewandert (bisher brauchte ich ihn auch eher für normal Zivilrechtliche Ansprüche, wie nicht gezahlte Rechnungen).

Kann ich versuchen die wegen Urheberrechtsverletzungen oder Plagiatismus zu belangen?
Sollte ich erst einmal abmahnen? Das Magazin ist in vierstelliger Auflage in ganz Europa - hauptsächlich an EU-Parlamentarier - versandt worden. Eine Unterlassungserklärung bringt da wohl nicht viel.

Soll ich versuchen einen Schaden geltend zu machen? Wenn ja, in welcher Höhe (die tatsächliche Arbeitszeit für's Layout oder kann man Schäden durch entgangene Folgeaufträge [hätten sie das Layout weiternutzen wollen, hätten Sie ja quasi wieder zu uns kommen müssen] mit einkalkulieren?

An wen soll ich mich halten. Ich habe leider erst im Nachhinein erfahren, dass der Verband keine juristische Person ist. Er hat seinen Hauptsitz in Brüssel, wird finanziell zu weiten Teilen aus einer Parteikasse einer im Parlament sitzenden Partei gespeist, ist aber nirgendwo gerichtlich eingetragen. Laut Impressum ist die Vorsitzende die Verantwortliche Herausgeberin (eine Juristin mit Privatwohnsitz in Portugal). Die Firma, die jetzt Layout und Druck realisiert hat, sitzt - wie gesagt - in Spanien.

Ich weiß nicht, ob es sich lohnt dagegen vorzugehen, aber ehrlich gesagt, will ich den Kunden mit dieser Kaltschnäuzigkeit nicht einfach so durchkommen lassen. Wir haben uns im Dezember den A.... aufgerissen. Wir haben die über 30 Seiten in 2,5 Tagen komplett fertig gemacht, bei katastrophalen Vorleistungen seitens des Kunden (wir mußten die Artikel noch kürzen, das englische Kauderwelsch einiger Autoren korrigieren etc.). Das Ganze zu einem absoluten Kampfpreis - wir haben sogar einen serbischen Konkurrenten ausstechen können. Wenn der Kunde nun woanders hingeht: OK! That's Business. Aber einfach unsere Arbeitsleistung einem Dritten zu übergeben, der sich dann damit rühmen kann günstiger zu sein, weil er naturgemäß deutlich weniger Zeit investieren muss, ist eine Unverschämtheit.

Sorry, ist ein bisschen lang geworden. Falls jemand die Geduld hatte, bis hier zu lesen, bin ich für Vorschläge dankbar.

Gruß,
Sven.

[ExMD]

okay, das thema gabs schon öfters.
im gegensatz zu 99% aller anderen "über den tisch gezogenen", habt ihr aber bisher alles richtig gemacht: verträge ausgehandelt, besprochenes schriftlich festgehalten (ich hoffe mit unterschriften der betroffenen personen) und einen anwalt kontaktiert.
ich würde mir - um ganz sicher zu gehen - noch einen suchen, der auf medienrecht spezialisiert ist.
ansonsten vertrau deinem anwalt.
nur weil es anscheinend eine privatperson in auftrag gegeben hat und diese in einem anderen land wohnt, ist die sache nicht hoffnungslos.

euer anwalt wird euch dementsprechend schon gut beraten, ich würd dem vertrauen

[Pielie]

hi, in deraktuellen Page steht ein ziemlich guter Artikel drin, was ihr machen könnt...

Ihr seid in jedem Fall im Recht, da ihr durch Übergeben der Entwürfe euch auf das Wohlverhalten eures Kunden berufen könnt. Da herrscht so eine Art Vertrauensgeschichte...


musste mal nachlesen

[netnite]

Kann dir einen Anwalt empfehlen der auf Urheberrechtssachen und sowas spezialisiert ist. Wenn Interesse besteht, schreib mir mal eine Email.

[Viadrina]

@ all: Danke erst einmal für die Ratschläge. Will mich Anfang der Woche mal mit meinem Anwalt beraten und dann mal gucken. Vielleicht sagt er ja auch von sich aus, ich soll mir einen anderen nehmen.

@ peilie: Welche Page?

Danke und Gruß!

[Nimroy]

http://www.page-online.de/page/heft/